Formel 1: Vielfarben-Rennen in Silverstone
07.07.2014
Blickt man auf die Ergebnisliste des Formel 1-Rennens von Silverstone, findet sich ein ungewöhnlich buntes Bild: Kein Mercedes-Doppelpack an der Spitze, sondern „nur“ einer, gefolgt von einem Williams, einem Red Bull und einem McLaren. Schaut man unter die Motorhaube, wird das Bunt-Bild schon wieder etwas grauer, denn bis auf den Red Bull kurven alle vorn fahrenden Autos mit einem Mercedes-Aggregat durch den Parcours.
Mercedes dominiert weiter. Daran ändert der Ausfall von Nico Rosberg nichts, der hat im neunten von neunzehn Rennen seine Auszeit genommen und erstmals in dieser Saison keine Punkte eingefahren. Gestartet ist Rosberg von der Pole Position, was nur allzu deutlich unterstreicht, wie stark und konstant die Mercedes-Boliden in dieser Saison wirklich sind. Der Sieg von Lewis Hamilton bestärkt diese Ansicht nur.
Hamilton war nämlich im Qualifying nicht allzu glücklich unterwegs. Von einem hinteren Startplatz ausgehend hat es der Brite geschafft, die Schwäche seines Teamkollegen und heftigsten Konkurrenten im Kampf um die WM-Krone auszunutzen. Mercedes-Motor sei dank, denn das Aggregat lieferte die nötige Leistung, um sich nach vorn zu schieben. Mit Valtteri Bottas ist ein Williams-Fahrer auf dem zweiten Rang gelandet, das nächste Treppchen für den Traditionsrennstall.
An Mercedes kommt in dieser Formel 1-Saison kaum jemand vorbei, auch nicht Red Bull, geschweige denn Ferrari. Die Rennställe schaffen immerhin noch Schadensbegrenzung, wie am dritten Platz für Daniel Ricciardo und vierten für Fernando Alonso zu sehen, doch der Kampf um den Titel findet rein unter Mercedes-Piloten statt.
Wenig hilfreich für die Konkurrenz ist außerdem, dass Fahrer anderer Teams, allen voran Valtteri Bottas, den möglichen Angreifern die Punkte klauen. Weltmeister Sebastian Vettel fährt außerdem eine Saison, die außergewöhnlich in anderer Hinsicht ist: Drei von neun Rennen konnte der Titelträger nicht beenden, die übrigen zwar immer mit ordentlicher Punkte ausbeute, doch von einem Sieg ist Vettel derzeit ein gutes Stück entfernt.
Im Rennen von Silverstone kam dann noch hinzu, dass es selbst bei besseren Voraussetzungen nicht besonders gut läuft. Vettel hatte nämlich mit dem gute Startplatz alle Möglichkeiten, endlich wieder einmal das Treppchen zu besteigen. Doch daraus wurde nichts. Das lag an Fernando Alonso, mit dem sich Vettel einen ausgiebigen, publikumswirksamen Kampf lieferte, der jedoch die Chancen im Rennen schmälerte. So musste Vettel wieder einmal seinen Teamkollegen Ricciardo Vortritt lassen.
Neben den technischen Zicken des Autos und der fehlenden Leistung des Motors kommt in dieser Formel 1-Saison bei Vettel noch hinzu, dass die bislang immer sehr starken strategischen Leistungen nicht immer zu bemerken sind. Die Strategie in Silverstone war schlussendlich der Grund dafür, dass Vettel „nur“ Fünfter wurde und den Sieg im Duell mit Alonso als Trostpreis mitnehmen darf.
Ganz vorn schicken sich die beiden Mercedes-Fahrer Rosberg und Hamilton an, die zweite Saisonhälfte zu einem Duell zu gestalten, das sich innerhalb eines einzigen Teams bekämpft. Das hat seine Tücken, ist es doch das Team, das auch insgesamt ganz vorn sein will und eine Auseinandersetzung auf Biegen und Brechen verhindern muss.
Einen schmalen Grat gilt es zu beschreiten. Auf der einen Seite ist der Rennstall verpflichtet, beiden Top-Fahrern die Möglichkeit offenzulassen, den Weltmeister-Titel zu erringen. Das geht nur, in dem die beiden Protagonisten mit fast allen Mitteln gegeneinander kämpfen können. Umgekehrt muss der Selbstschutz von Team und Fahrern gewährleistet sein: Eskaliert der interne Wettstreit, verlieren am Ende möglicherweise alle.
Geprägt hat das Rennen in Silverstone allerdings auch ein schwerer Unfall, der letztlich glimpflich ausgegangen ist. Kimi Räikkönen, bislang eher unglücklich agierender Rückkehrer im Ferrari-Team, hat seinen Boliden mit immenser Geschwindigkeit zu Schrott verarbeitet. Mit leichten Blessuren ist der Finne aus diesem Crash hervorgegangen, der das Rennen für rekordverdächtige 60 Minuten unterbrochen hat.
Ohnehin ist das neunte Saisonrennen für Ferrari kein Anlass gewesen, allzu große Freude an den Tag zu legen. Die Saison ist faktisch gelaufen, wieder einmal. Den großen Ambitionen des traditionsreichen Rennstalls fährt das Duo Alonso / Räikkönen hinterher, mehr noch als in den Vorjahren. Statt endlich angreifen zu können, muss Ferrari erneut eine Saison in den Wind schreiben.